Schöne, verbrannte Erde - Eine Wanderung durch das Ixil-Dreieck

Veröffentlicht auf von Jojo Heinz

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In einem Tal umgeben von den Cuchumatán Bergen im Hochland Guatemalas, weit ab von den breitgetrampelten touristischen Pfaden, liegt das Ixil-Dreieck. Die Gemeinden Nebaj, Chajul und Cotzal werden zum Großteil von indigenen Ixil bewohnt, einer der kleinsten ethnischen Gruppen Mittelamerikas. Während des Bürgerkriegs (1960-96) wurde die Gegend Schauplatz blutiger Gefechte und Massaker an der Bevölkerung. Wer den Weg hierher findet kann nicht nur die Landschaft genießen, sondern erfährt auch etwas über den bittersten Teil guatemaltekischer Geschichte.

Nebaj scheint eine normale guatemalteksiche Kleinstadt zu sein. Auf dem Plaza vor der katholischen Kirche tummeln sich Familien, Shoeshine Boys, Eis- und Tacosverkäufer. Überall riecht es nach Feuerholz und aus dem nahen evangelikalen Tempel hört man fröhliches Singen und Klatschen. Die Menschen leben hier sehr traditionell und allein die Tracht der Ixil-Frauen ist eine Reise wert: braune, bordeaux- oder feuerrote cortes (gewickelte Tücher als Rock), bunte huipiles (Blusen) und aufwendige Kopfbedeckung mit Pom-Poms. Als europäische Touristin wird man angestarrt. Vor allem die Kinder bleiben mit großen Augen und offenen Mündern stehen. Obwohl inzwischen doch ein paar Reisende die Stadt beehrt haben und einige internationale Hilfsorganisationen hier seit Jahren arbeiten, bleiben fremdländisch Aussehende eine Attraktion. Allerdings: es gibt wohl nicht viele Orte auf dieser Welt, in denen Fremde häufiger mit einem freundlichen Gruß und einem Lächeln willkommen geheißen werden.

Die Natur um das Städtchen herum könnte der Hirtendichtung entsprungen sein: bewaldete Hügel, die zum Teil im Nebel liegen, Felder von golden getrocknetem Mais und Kinder in traditioneller Tracht, die die Schafe hüten; Pferde tragen Bündel von Feuerholz ins Tal, Kühe grasen an saftigen Hängen. Nur ab und zu trifft man auf eine der fast 200 kleinen Siedlungen.

„Hier“ sagt Tomás (Name geändert) und zeigt auf ein Haus mit Wellblechdach, "hier wurden 20 Menschen umgebracht. Sie hatten sich versammelt, um in die Berge zu fliehen als die Regierungstruppen auftauchten.“ Der Ex-Guerillero arbeitet heute als Fremdenführer. Die Berge und Wälder kennt er wie seine Westentasche, 17 Jahre lang hat er in ihnen gelebt und gekämpft. Der Glanz in seinen Augen  lässt erahnen, dass ihm außer einer Schussverletzung auch viele schreckliche Erinnerungen geblieben sind.

Aber nicht nur die Guerilla-Kämpfer in den Bergen waren Zielscheibe des Militärs. Die Bewohner des Ixil-Dreiecks gerieten in die Schusslinie und tausende von ihnen starben, flohen oder verschwanden schlicht. Die Armee hinterließ „verbrannte Erde".In Chejul, der zweitgrößte Siedlung im Ixil-Dreieck, wurde Rigoberta Menchú Tums 16-jähriger Bruder mitten auf dem Plaza gefoltert und ermordet, wie die Friedensnobelpreisträgerin in ihrer Autobiographie berichtet.

Nach allem, was sie durchgemacht haben, sind die Menschen im Ixil-Dreieck vorsichtig. „Wir haben zu den Waffen gegriffen, um den Menschen zu ihren Rechten zu verhelfen, dem Mann und der Frau“ sagt Tomás. „Arme Menschen wurden diskriminiert, vor allem die Maya. Sie wurden einfach getötet, ihnen wurde der Mund verboten. Es gab keine Schulen, in denen man die Maya-Sprachen lernen konnte. Heute“, sagt er, „besitzen wir diese Rechte, aber die Leute haben oft zu viel Angst, um von ihnen Gebrauch zu machen“. Und auch er möchte seinen wahren Namen lieber nicht veröffentlicht sehen.

 

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Veröffentlicht in Menschen

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C
<br /> Krasse Geschichte - es ist doch erstaunlich, dass du sowas erfährst, sozusagen rein zufällig jemanden triffst, der das negativ miterleben musste. Das zeigt, dass es wirklich "normal" dort ist,<br /> solche Erfahrungen und Erinnerungen zu haben. Wirklich schade. Hoffentlich gehts dem Land bald und lange besser.<br /> Und was webt die Frau auf dem letzten Bild?<br /> <br /> <br />
Antworten
J
<br /> <br /> Die Frau webt einen Huipil. Das ist die traditionelle Bluse, die die Frauen hier tragen. Ich hab mich auch am Weben versucht. Da braucht man viel Geduld, bis so ein Teil fertig ist. Ich bin nur<br /> etwa zwei Zentimeter weit gekommen!<br /> <br /> <br /> <br />